Der neue AllBright Bericht ist da und fasst für uns zusammen, wie die Historie von weißen, deutschen, studierten Männern in den Vorständen der Börsenunternehmen weitergeführt wird, ohne mit der Wimper zu zucken.
Was ist da los? Sind wirklich so wenige Frauen in den Vorständen und Aufsichtsräten? Und ist das überhaupt ein Problem? Brauchen wir Frauen in den börsennotierten Unternehmen? Vier Fragen, drei Mal Ja! Wir brauchen Sie, um das Gleichgewicht zu halten und Vielfältigkeit zu fördern. Weder nur Männer, noch nur Frauen sind der Weg in die wirtschaftliche Zukunft.
Schauen wir uns die Zahlen an.
Trotz vieler junger Gründer an der Börse wächst die Tendenz für homogene Führung immer weiter. Doch sind es nicht die „älteren“ Generationen, die sowieso konservativer führen, sondern die Börsenneulinge, die Gründer aus der Start-Up Szene.
Liegt der Frauenanteil in den Vorständen der 160 börsennotierten Unternehmen im Durchschnitt bei 12,6% (was auch schon bitter erscheint) so sieht es bei den Börsenneulingen, die in den letzten 5 Jahren in die Indizes aufgenommen wurden, noch schlimmer aus: 10,2%.
Doch es geht noch weiter, die Unternehmen die in den letzten 15 Jahren gegründet wurden und an der Börse notiert sind, verzeichnen einen überwältigenden Frauenanteil von 5,4%. Erklärt wird diese Situation oftmals damit, dass Wachstum wichtiger sei und deshalb keine Kapazitäten für den Aufbau eines diversen Führungsteams zu Verfügung stehen.
Denn der Börseneintritt übt Druck auf junge Start-Ups aus. Die unternehmerische Ernsthaftigkeit nimmt zu, Investoren müssen beeindruckt werden und der Weg dorthin ist immer noch das schnelle Wachstum und zügige Expansion. Allerdings beobachten die Investoren auch die Zusammensetzung der Führungsteams. Immer mehr machen eine Finanzierung von Diversität, sowie sozialer & nachhaltiger Ausrichtung abhängig. Goldman & Sachs, der Norwegische Staatsfonds und Blackrock stellen alle Diversitätsanforderungen für den Aufsichtsrat. Der Vorstand unterliegt oftmals noch keinen personellen Anforderungen. Die amerikanische Technikbörse Nasdaq geht noch einen Schritt weiter und möchte Diversität als Kriterium für eine Listung an der Börse aufnehmen: Mindestens eine Frau und eine*n Vertreter*In einer Minderheit müssen im Verwaltungsrat vertreten sein. Doch wann dieses Kriterium tatsächlich Realität wird, ist noch nicht bekannt.
Dabei ist Diversität für den wirtschaftlichen Erfolg unerlässlich. In ihrer Studie von 2015
„Diversity Matters“ fassen es McKinsey&Company in wenigen Worten zusammen: „In short, the data strongly suggests that homogeneity stifles innovation.“ (Hunt, Layton, & Prince, 2015) – Homogenität erstickt Innovation.
Mehr Blickwinkel, Meinungen, ethnische Hintergründe, Bildung und sozioökonomischer Kontext ermöglichen einen weiten, allumfassenderen Blick auf Problemstellungen, Lösungen und Neuerungen.
Zurück zur deutschen Börse. Auch in den Aufsichtsräten wiederholen die Jungunternehmer die Muster der Altunternehmer und halten den Frauenanteil sehr gering und teilweise sogar geringer als die alte Garde. Die 30 Börsenneulinge glänzen mit Homogenität. Nur 9 dieser Unternehmen haben eine Frau im Vorstand. Der Durchschnitt in den Aufsichtsräten, bei den 30 Unternehmen in den Indizes an der Börse, liegt bei 24,3%, bei Jungunternehmern sogar nur bei 22,2%. Erschreckender Weise liegen die agilen Gründer weit unter dem Gesamtdurchschnitt der Frankfurter Börse. Dort sind 32,1% der Aufsichtsratsmitglieder weiblich.
Es bleibt also großteilig männlich, weiß und studiert in den deutschen Vorständen & Aufsichtsräten.
Etwas anders sieht es bei Abspaltungen von großen Unternehmen aus. Es scheint als sei Mann es hier gewohnt, dass mehr öffentlicher Druck und Transparenzpflicht vorherrschen. Ebenso kann der Börseneintritt mit einer Neustrukturierung und -rekrutierung verbunden werden. Das haben die großen Konzerne genutzt und können immerhin 17,2% Frauenanteil in den Vorständen aufweisen.
Solange die Börse keine anderen Kriterien ansetzt, bleibt es wohl bei alten Strukturen, welche für Wachstum, Nachhaltigkeit und Stabilität zwar nicht optimal, aber immerhin bekannt sind.
Bleibt zu hoffen, dass der Druck von Kunden, Angestellten und der Öffentlichkeit für mehr Diversität und (echte) Chancengleichheit ausreichen, um diese alteingesessenen Strukturen zu durchbrechen.
Sabine Benediek, Personalvorständin bei SAP, formuliert es so:
„Wir müssen weg vom Narrativ, dass es darum geht, Frauen eine Chance zu geben, Wir müssen die Diskussion darauf lenken, dass wir eine echte Chance verpassen, wenn wir nicht die Besten auf Führungspositionen bringen – unabhängig von ihrem Geschlecht.“
Es wird Zeit die gesellschaftliche Veränderung an der Börse und auf dem Markt sichtbar zu machen und Positionen nach Qualifikation und Passung und nicht nach Hautfarbe und Geschlecht zu besetzen.
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Nicole Jasmin Kassel
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