Der Arzt als Erbe – Testierfreiheit des Patienten

Stephanie Spromann

In der Entscheidung des OLG Frankfurt wurde die besondere Stellung eines Arztes im Zusammenhang mit einem Testament behandelt. Das Gericht hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob eine gegen § 32 der (Muster-)Berufsordnung für Ärzte verstoßende testamentarische Verfügung wirksam ist, der Arzt mithin erben kann. Der Arzt selbst hatte die Testierfähigkeit der Erblasserin auf dem Testament vermerkt.

§ 32 der (Muster-)Berufsordnung für Ärzte verbietet es Ärzten, Geschenke oder Vorteile von Patienten anzunehmen, wenn dadurch der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird. Ärzte dürfen sich nicht von kommerziellen Interessen leiten lassen oder für die Zuweisung von Patienten eine Gegenleistung erhalten. Ein Verstoß des Arztes gegen § 32 der Berufsordnung kann verschiedene Konsequenzen haben:

1.     Berufsrechtliche Konsequenzen:

Ein solcher Verstoß kann als gröbliche Pflichtverletzung angesehen werden, die zur Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens führen kann.

2.     Disziplinarmaßnahmen:

Mögliche Disziplinarmaßnahmen umfassen Verwarnungen, Verweise, Geldbußen bis zu einem Höchstbetrag von 50.000 Euro und die Anordnung des Ruhens der Zulassung oder einer Ermächtigung bis zu zwei Jahren.

3.     Zulassungsrechtliche Maßnahmen:

Bei schwerwiegenden Verstößen kann es zur Entziehung der Kassenzulassung kommen, insbesondere wenn der Arzt als ungeeignet für die vertragsärztliche Tätigkeit angesehen wird.

Diese Maßnahmen dienen dazu, die Integrität und Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidungen zu gewährleisten und sicherzustellen, dass Ärzte ihre Pflichten gewissenhaft erfüllen.

Das OLG Frankfurt stellte fest, dass ein Verstoß gegen die Regelung der Berufsordnung nicht automatisch zur Nichtigkeit der testamentarischen Verfügung führt; vielmehr muss durch Auslegung der Verbotsnorm ermittelt werden, ob die Nichtigkeitsfolge eintritt. Es sei nicht Aufgabe der berufsständischen Landesärztekammer bzw. der Bundesärztekammer, ohne hinreichende gesetzliche Grundlage über den Umfang der grundgesetzlich geschützten Testierfreiheit des Erblassers zu befinden. Obwohl die Regelungen in den Berufsordnungen der Landesärztekammern und der Musterberufsordnung als Verbotsgesetze angesehen werden, führt ein Verstoß des Arztes laut OLG Frankfurt nicht zur Unwirksamkeit einer offenen Testierung eines Dritten, weil eine solche Unwirksamkeit eine unverhältnismäßige Einschränkung der Testierfreiheit des Patienten darstellen würde.

Wegen der besonderen Bedeutung der Rechtsfrage wurde die Rechtsbeschwerde zum BGH zugelassen. Eine höchstrichterliche Bestätigung der OLG Frankfurt Entscheidung steht bis heute aus.

 

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Stephanie Spormann.