Ich stand mit weichen Knien vorm Krankenhaus und raffte mich kurz zusammen um dann selbstbewusst durch die Türe zu gehen. Mir wurde eine Maske gereicht und ich wurde auf Station 3A verwiesen wo ich mich vorstellen sollte. Dort wartete ich dann ein paar Minuten bis zwei sehr liebe PJlerinnen sich mir bekannt machten. Dann ging es mit der diensthabenden Ärztin auch schon zur Visite.
Ausschlafen? War nicht! Meine Schicht begann jeden Tag um 07:15 Uhr. Ich traf mich mit den PJlerInnen und den diensthabenden Ärztinnen auf Station. Wir teilten uns auf. Ein paar gingen mit auf die Privatstation und die anderen auf die normale. Wir hielten die Visite ab und machten uns Notizen bei welchen PatientInnen was zu machen war: Blut abnehmen, Zugänge legen, Verbandswechsel etc. Am Ende der Visite gingen wir zur Besprechung welche um 8 Uhr stattfand. Dort trafen sich die ChirurgInnen und wir StudentInnen um anstehende OPs zu besprechen. Nach der Besprechung gingen wir auf Station und fingen an, unsere zuvor notierten Aufgaben zu erledigen. Vorher besprachen wir uns noch untereinander wer in welche OP gehen, wer assistieren und wer nur zuschauen würde. Die erste OP begann meist um 10 Uhr und pro Tag waren es, aufgrund von COVID, nur circa vier bis fünf. Vor meiner Einteilung im OP aß und trank ich noch eine Kleinigkeit. Dann zog ich mich um: OP Kleidung, Maske, Haube und los ging es. Auf einmal hieß es: „Bitte einwaschen, ich brauche Assistenz!“ und schon stand ich am Becken und bereitete mich vor (mir wurde natürlich der ganze Prozess einmal gezeigt, denn dabei sollte man keine Fehler begehen). Daraufhin wurde ich von den OP Schwestern steril eingekleidet und es ging an den Tisch. Mir wurden die Regeln von allen Beteiligten gut erklärt und ich konnte mich schnell an alles gewöhnen. Während der OP wurde ich das ein oder andere Mal über die OP, die Anatomie oder das Krankheitsbild abgefragt und man erklärte mir die einzelnen Schritte. Nach der OP blieb ich meist noch da und half beim Umlagern des/der PatientIn. Um 14 Uhr war Radiologiebesprechung, bei welcher der Radiologie zusammen mit den ChirurgInnen neue PatientInnen besprach. Danach war auch schon Feierabend für mich, ich fuhr nach Hause und fiel einfach nur noch ins Bett.
Was man häufig hört ist, dass der Umgangston in der Chirurgie allgemein unfreundlich und rau sei. Meiner Erfahrung nach war komplett das Gegenteil der Fall. Alle waren nett und meist entspannt. Fragen wurden gerne beantwortet und auch unter den ÄrztInnen herrschte eine sehr angenehme und lockere Stimmung. Die Famulatur war eine perfekte Möglichkeit für mich die Anatomie des Menschen zu wiederholen und ein Gespür dafür zu bekommen, was in der Medizin alles möglich ist und wo die Grenzen liegen, bei welchen selbst die ChirurgInnen (die oft schon als letzte Instanz dienen) auch nichts mehr unternehmen können.
Nun muss ich aber noch einmal zurückspulen denn tatsächlich war ich vor dieser Famulatur noch kein einziges Mal im OP. Grund dafür war, aufgrund von COVID, mein ausgefallener Chirurgie Kurs in der Uni.
Mein Traum war es schon immer eines Tages Chirurgin zu werden, doch ich wusste bis dato noch nicht einmal ob der OP überhaupt etwas für mich sein würde. Ich wusste nur immer, dass ich meine Hände zum Einsatz bringen möchte, da ich schon immer eher praktisch veranlagt war. Dennoch war ich ziemlich aufgeregt. So richtig wusste ich nämlich nicht was mich erwarten würde. Doch für viel nachdenken war keine Zeit. Plötzlich stand ich auch schon im OP und kriegte vor lauter Staunen den Mund nicht mehr zu. Diese Konzentration, diese leise Hintergrundmusik, diese Fingerfertigkeit, diese Kunst. Es ist wortwörtlich eine Kunst. Sei es die plastische Chirurgie, die Allgemeinchirurgie oder jeglicher weiterer Zweig der Chirurgie. Ich stand 4 Stunden an der selben Stelle und war so unfassbar begeistert, dass mir ziemlich genau in diesem Moment klar wurde: das ist es.
Ich hoffe Euch hat mein Beitrag gefallen und ihr könnt etwas mit meinem Erfahrungsbericht anfangen. Teilt ihn gerne oder lasst mich wissen, was ihr für persönliche Erfahrungen im OP gemacht habt. Ich bin gespannt und wünsche euch noch einen schönen Tag oder Abend.
Eure JOJO – von jojosweltdermedizin
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