Das Wichtigste in der Praxis sind die Mitarbeiter und der Zusammenhalt des Teams, ohne die wir als Ärztinnen nicht arbeiten könnten. Als Medizinerin lernt man leider im Studium nichts zum Thema Personalmanagement und -führung, Mitarbeiter zu einem leistungsfähigen Team zusammen zu bringen und nach dem Wohl jedes Einzelnen zu schauen. Man merkt leider erst, wenn man eine eigene Praxis hat, wie wichtig es ist, Empathie und Einfühlungsvermögen gepaart mit Durchsetzungsvermögen und Führungsqualitäten zu haben. Denn wenn das Team nicht funktioniert, kann auch der Praxisalltag nicht funktionieren.
Der Führungsstil hängt vor allem von der eigenen Persönlichkeit ab und vom jeweiligen Auftreten. Ist man als Chefin mit seinen Vorstellungen und Zielen nicht authentisch, so wird das eine tägliche Herausforderung werden, wenn man eine klare Richtung vorgeben muss. Unser Team spiegelt uns. Sind wir als Chefin gut gelaunte, wird sich das auch auf die Laune des Teams auswirken. Das Lachen und die gute Laune überträgt sich, genauso aber auch die schlechte Laune. Das Team und die Mitglieder untereinander werden sich dementsprechend verhalten.
Im Team ist es wichtig, die einzelnen Personen zu kennen. Wer im Team hat welche Begabungen und Talente, wer ist für welche Aufgaben geeignet und macht diese gerne. Wer da genau hinschaut und seine Mitarbeiter/innen dementsprechend in der Praxis einteilt, macht die jeweiligen Mitarbeiter/innen glücklich und im weiteren Sinn auch das ganze Team. Denn wenn die einzelnen Personen sich in ihren Rollen wohl fühlen, wirkt sich das auf das Zusammenspiel untereinander aus und natürlich dadurch auch auf die Stimmung in der Praxis. Es gibt Helfer/innen, die merken nach einiger Zeit an der Anmeldung, dass sie eigentlich lieber mehr oder dauerhaft wieder am Behandlungsstuhl arbeiten würden. Andere möchten häufiger in der Prophylaxe tätig werden. Diese Umorganisation ist im ersten Moment ein Aufwand, den es aber zu lösen gilt, denn der Mehrwert für das Team und jeden Einzelnen ist enorm.
Weiterhin ist das Zauberwort „Zuhören“. Die Bedürfnisse, Sorgen und Nöte, sowie das Umfeld eines jeden Einzelnen zu kennen ist im zwischenmenschlichen Umgang sehr hilfreich. Wenn man als Chefin weiß, was die Mitarbeiter/innen beschäftigt, kann man besser verstehen, warum sie sich an manchen Tagen so verhalten, wie sie es eben tun. In Zeiten von Homeschooling, die dadurch entstehende Doppelbelastung und erhöhten Krankheitsfällen gibt es allgemeine Themen, die Jeden betreffen, aber wenn Krankheits- oder sogar Todesfälle in der Familie dazukommen, brauchen die Mitarbeiter/innen besondere Aufmerksamkeit. Hier ist wirklich Feingespür gefragt, um in Einzelgesprächen abzuklären, was gebraucht wird. Sind es freie Tage, die entlasten, sind es andere Aufgaben in der Praxis, die in solchen Situationen entstressen oder reicht einfach das Wahrnehmen, das Gesehen werden und das darüber reden? Manchen hilft es mehr in die Prophylaxe zu gehen, um mehr eigenständig zu arbeiten, Anderen hilft es mehr in der Organisation zu machen und weniger Patientenkontakt zu haben, natürlich nur, wenn das im Praxisalltag möglich ist. Unterstützung mit ätherischen Ölen, Bachblüten, homöopathischen oder anderen pflanzlichen Mitteln, die körperlich die Nervenbelastung und den Stress reduzieren, helfen ebenfalls.
Positive Kommunikation rundet die Teamführung ab. Durch das Formulieren aus der Ich-Perspektive fühlen sich die Mitarbeiter/innen nicht gleich angegriffen. „Ich bin der Meinung, dass….“, „Ich wünsche mir….“, „Ich empfinde diese Situation so…“, kann viel besser angenommen werden, als „Sie machen das immer so….“ gesagt werden. Dies führt zur sofortigen Anklage und destruktivem Streit, bei der eine Lösung weit entfernt scheint. Das ist in Teambesprechungen und Planungsgesprächen extrem hilfreich, weil sich keiner angegriffen fühlt und sich dadurch traut seine Vorstellungen und Ideen mit einzubringen. Gespräche untereinander können mit diesen kleinen Regeln noch entspannter ablaufen, auch wenn es zu Unstimmigkeiten im Team kommt. Das Ansprechen dieser Unstimmigkeiten ist extrem wichtig! Denn wenn diese nicht gelöst werden, bauen sich oft verschieden Fronten auf, die unterbewusst gegeneinander sind. Diese unausgesprochenen Probleme spürt dann jeder im Team und im Extremfall auch die Patienten.
Zur positven Kommunikation gehört auch das Anerkennen der Leistung. Mitarbeiter/innen sind viel motivierter, wenn man als Chef wahrnimmt, was sie alles leisten und wie sie auch in schwierigen Situationen, seien sie privat oder im Team, alles so gut erledigen, wie sie eben können. Dies muss auf jeden Fall verbalisiert werden, denn sonst geht es unter und die Motivation lässt irgendwann nach!
Auch wenn es auf den ersten Blick schwierig aussieht, ein Team von vielen Mitarbeitern zu führen, ist es doch ein leichtes, wenn man sich traut Andere Wahrzunehmen, Zuzuhören und dementsprechend zu handeln! Da macht das Arbeiten Spaß und das Lachen in der Praxis kann anstecken.
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Dr. Waltraud Pfister