Neues BGH- Urteil zur Aufklärungspflicht des Arztes – Folge: Der Arzt muss mündlich aufklären

Stephanie Spormann

Zumindest die wichtigsten Risiken dürfen nicht nur im schriftlichen Aufklärungsbogen vorkommen, urteilte der Bundesgerichtshof im November 2024.

Worum ging es?

Der Kläger hatte zunehmende Schmerzen im rechten Sprunggelenk. Sein Arzt schlug nach einer arthroskopischen Untersuchung eine ambulante OP vor, bei der mehrere sogenannte Gelenkkörper aus Knorpel oder Knochen entfernt wurden. Unmittelbar nach dem Eingriff litt der Kläger unter Schmerzen. Es wurden u.a. ein Nervengeschwulst und eine Schädigung der Nerven an der Einstichstelle des Arthroskops festgestellt.

Was ist der Vorwurf des Klägers?

Der Kläger ist heute zu 60 Prozent schwerbehindert und dauerhaft erwerbsunfähig. Er wirft dem Arzt vor, dass dieser nicht über die Risiken der Arthroskopie, insbesondere nicht über das Risiko einer Nervenschädigung, aufgeklärt habe. Im Aufklärungsbogen waren die eingetretenen Risiken beschrieben. Ob und inwieweit darüber gesprochen wurde, war zwischen Arzt und Patient umstritten.

Was sagt der BGH?

Laut BGH genügt es, den Patienten im Großen und Ganzen über Chancen und Risiken der Behandlung aufzuklären und ihm dadurch eine allgemeine Vorstellung von dem Ausmaß der mit dem Eingriff verbundenen Gefahren zu vermitteln. Über schwerwiegende, das weitere Leben belastende Risiken sei aber grundsätzlich auch dann aufzuklären, wenn sie sich nur selten verwirklichen. Das Gesetz fordert, dass die Aufklärung mündlich zu erfolgen hat. Dabei könne auf Aufklärungsbögen etc. Bezug genommen werden. Patienten müssen aber Rückfragen stellen können.

Der BGH fordert nun, dass „ein vertrauensvolles Gespräch“ Kern der Aufklärung ist. Dabei müsse der Arzt auf individuelle Belange des Patienten eingehen und sich davon überzeugen, dass der Patient mündliche wie schriftliche Hinweise und Informationen verstanden hat.

Was heißt das für den konkreten Fall?

Das zuständige Oberlandesgericht Frankfurt am Main muss jetzt die mündlichen Inhalte des Aufklärungsgesprächs genauer klären, insbesondere, ob auch das Risiko einer Nervenschädigung mündlich erörtert wurde. Schriftliche Hinweise im Aufklärungsbogen allein reichten nicht aus.


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Stephanie Spormann